Geschichte
Unser Wasser ist Gold wert. Diese Aussage ist unbestritten, wird uns aber erst so richtig bewusst, wenn das Wasser knapp ist. Bei einer Reise in die Wüste, vielleicht. Oder wenn, wie im Jahrhundertsommer 2018, längere Zeit kein Regen fällt. Dann wirds knapp. Und mit jedem Tag noch kostbarer. Wobei: Wasser allein genügt nicht. Es muss auch sauber sein. Dieses Ziel wurde mit der Gründung des Abwasserverbandes im Jahre 1969 verfolgt: Wohlen, Villmergen und Waltenschwil beschlossen, die Abwässer künftig zu reinigen. Mit dem Bau der Kläranlage im Blettler Wohlen-Anglikon in den Jahren 1972 - 1974 wurde ein wichtiger Meilenstein für eine saubere Bünz gesetzt.
Sanierung und Ausbau
Wasser bleibt das wichtigste Gut des Lebens. Bevölkerungswachstum, Ansiedelung von Industrie und das neue Gewässerschutzgesetz von 1992 haben nach einer Erweiterung und Sanierung verlangt, um die gesetzlichen Einleitbedingungen in Bünz und Aare weiterhin zu erfüllen. Mit dem Spatenstich im September 1997 begann der im 2004 abgeschlossene Ausbau der ARA im Blettler.
1. Etappe | Komplette Sanierung der Infrastruktur ohne Abwasserteil
2. Etappe | Bau eines Ablaufkanals von der ARA im Blettler bis zur Aare in Wildegg
und Totalsanierung der Abwasserstrassen
3. Etappe | Bau einer Klärschlammtrocknungsanlage
Gesamthaft rund 40 Millionen Franken wurden in diese drei Etappen investiert. Damit können die geforderten Einleitbedingungen auf Jahre hinaus eingehalten werden.
Zulauf und Regenbeckenkonzept
Wasser kommt, Wasser geht. Die ARA im Blettler hat einen Trockenwetterzufluss von 250 Litern Abwasser pro Sekunde. Bei Regen wird die doppelte Menge auf die Anlage zugelassen. Der Rest wird im regionalen Regenüberlaufkonzept in 7 Regenbecken vorbehandelt, gespeichert, oder mechanisch gereinigt in die Bünz geleitet. Feststoffe werden in den Becken zurückbehalten und später der ARA zur Reinigung zugeführt.
Mechanische Reinigung
Abfalltrennung. In der Rechenanlage werden anfallende Feststoffe wie Hygieneartikel, Essensreste, Zigarettenfilter, Plastikteile usw. vom zufliessenden Wasser getrennt. Das Rechengut - in 10 Tagen ca. vier Tonnen - wird der Kehrichtverbrennung in Buchs AG angeliefert.
In zwei Fett-Sandfängen wird Fett und Öl in die Fettfangrinne geschoben, geht in die Fett- und Schwimmschlammvorlage und wird dann dem Frischschlamm zudosiert. Sand wird zur Sandwaschanlage ausgeschieden und hier von organischen Teilen getrennt, welche ebenfalls dem Frischschlamm zugeführt werden. Der saubere Sand gelangt zur Weiterverarbeitung ins Betonwerk.
In vier längsdurchströmten Vorklärbecken sinken die festen Partikel des Abwassers dank der sehr langsamen Fliessgeschwindigkeit auf den Beckenboden und werden in die Frischschlammschächte geschoben. Der Frischschlamm wird täglich mehrmals dem Voreindicker zugeführt.
Biologische Reinigung
Eine saubere Sache. Um das Beckenvolumen der biologischen Reinigung besser zu nutzen, wird das vorgeklärte Wasser um einen Meter angehoben. Die biologische Abwasserreinigung geschieht nach dem Wirbelbettverfahren. Kleine Kunststoffteilchen - die vier Biologiebecken pro Strasse sind zu 55% damit gefüllt - vergrössern die Fläche für die Ansiedelung von Mikroorganismen, dem so genannten Belebtschlamm.
Im Denitrifaktionsbecken wird das vorgeklärte Abwasser mit stark nitrathaltigem Rezirkulationswasser vermischt. Die Mikroorganismen beziehen aus dem Nitrat den für sie lebenswichtigen Sauerstoff. Frei werdender Stickstoff entweicht als Gas in die Atmosphäre.
Im darauf folgenden Kohlenstoffabbaubecken werden den Kleinlebewesen optimale Lebensbedingungen geschaffen, damit sie sich bestens vermehren und den Kohlenstoff abbauen.
Das hieraus verdrängte Abwasser gelangt in die beiden Nitrifaktionsbecken. Hier erfolgt die Umwandlung des fischgiftigen Ammoniumstickstoffs zum nicht mehr fischgiftigen Nitratstickstoff. Das nitratstickstoffhaltige Abwasser wird danach in die Denitrifikation zurückgefördert.
In den am Schluss folgenden längsdurchströmten Nachklärbecken trennt sich der geflockte Belebtschlamm vom jetzt gereinigten Abwasser. Dieses wird über den 10 Kilometer langen Ableitkanal in die Aare eingeleitet.
Chemische Reinigung
Phospat-Fällung. Phosphor trägt massgeblich zur Veralgung und Verkrautung der Gewässer bei. Das Eisensulfat im Flockungsbecken hat die Aufgabe, den gelösten Phospor - dieser gelangt zu mindestens 80% in den Klärschlamm - vom Abwasser zu trennen.
Schlammbehandlung
Rund 120 Kubikmeter Frischschlamm fallen bei der ARA im Blettler täglich an. Dieser wird auf die Faultemperatur von ca. 38 Grad Celsius erwärmt und in den 2'000 Kubikmeter grossen Faulraum gefördert. Nach zwanzig Tagen gelangt er durch das Verdrängungs-prinzip in den Stapelraum.
Energie vom entstehenden Gas. Das durch die Schlammfaulung anfallende Methangas ist ein hochwertiger Energieträger. Es wird in den beiden Blockheizkraftwerken verbrannt. Die daraus gewonnene elektrische Energie reicht aus, um den Strombedarf der ARA zu 50% zu decken. Die gewonnene Wärmeenergie deckt den Bedarf des Betriebes sogar zu 100% ab. Die Erwärmung des Frischschlammes auf die Faultemperatur benötigt den grössten Teil davon.
Weitergehende Schlammbehandlung. Die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung ist ab dem Jahre 2006 verboten. Die grösste und noch bezahlbare Volumenverminderung wird bei der ARA im Blettler durch Trocknung erreicht: Von ursprünglich 1000kg flüssigem Klärschlamm bleiben schliesslich gerade noch 50 kg übrig.
Zu diesem Zweck haben wir den Klärschlammverbund Bünztal gegründet und erfolgreich Partner gesucht, die sich uns angeschlossen haben: Die ARAs Hendschiken, Bünzen und Muri sind in diesem Verbund dabei. So werden Stapelraum, Schlammentwässerung sowie Schlammtrocknung vom Verbund gemeinsam genutzt. Der trockene Klärschlamm - zu mindestens 90 Prozent getrocknet - wird im Zementwerk Wildegg verbrannt.
Prozessleitsysteme
Kontrolle ist besser. Klar: Eine Anlage dieser Grösse lässt sich nicht mehr manuell kontrollieren. Deshalb erfolgt die gesamte Messung, Steuerung und Regelung der ARA im Blettler elektronisch mittels speicherprogrammierter Steuerung, der so genannten SPS. Die gesamte Anlage der ARA ist vollgrafisch mit animierten Bildern visualisiert und an zwei Bildschirmen dargestellt.
So können die MitarbeiterInnen der ARA den Betrieb überwachen und in einzelne Prozesse eingreifen. Alarme, Ganglinien und Betriebsdaten werden automatisch dokumentiert. Die ARA im Blettler ist auch diesbezüglich eine moderne und leistungsfähige Anlage.